Der Teich im Innenhof des Regierungspräsidiums Stuttgart ist gefroren. Die Kälte hält Björn Henzler aber nicht davon ab, mit dem E‑Bike zur Arbeit zu fahren. Es gibt schließlich kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung. Und das ist auch so etwas wie das Leitmotiv seines Jobs.
Wenn die Sonne scheint, ist es Zeit, das Dach zu reparieren. Der Sicherheitsingenieur und angehende Beamte Björn Henzler kümmert sich darum, dass im Fall der Katastrophenfälle im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Stuttgart alles gut vorbereitet ist, um die Bevölkerung zu schützen. Das bedeutet: Nachdenken am Schreibtisch. Ressourcen planen. Checken, ob die meist bei Feuerwehren und überwiegend ehrenamtlichen Hilfsorganisationen untergebrachte Ausrüstung in Schuss ist. Immer wieder Kolleginnen und Kollegen schulen, Prozesse anpassen. Und viel Verantwortung tragen.
Wenn wirklich einmal etwas passiert, fährt ein gut geölter Apparat hoch, der zunächst versucht, „vor die Lage zu kommen“, wie es im Fachjargon heißt. „Ein Schadensereignis wartet nicht, bis eine Behörde den Einsatz aufnimmt. Wir arbeiten also Informationen auf, bringen uns auf den aktuellen Stand. Irgendwann ist man ‚vor der Lage‘ und kann noch zielgerichtetere Maßnahmen einleiten“, erklärt Björn Henzler.
Deshalb sind Übungen ganz wichtig. Denn richtige Katastrophen sind zum Glück selten. Aber wenn sie passieren, muss jeder wissen, was zu tun ist, muss jeder Handgriff sitzen.
BJÖRN HENZLER
Katastrophenschutz
„Dieser Beruf ist nichts für Leute, die ihre Möbel immer nach Anleitung aufbauen.“
Dass so selten Katastrophenalarm beim Regierungspräsidium ausgelöst wird, hat übrigens recht profane Gründe: Es geht ums Geld. „Bei Katastrophenalarm tragen zunächst die Katastrophenschutzbehörden alle Kosten, um ohne Verzögerungen helfen zu können, ohne dass zuerst zu regeln ist, wer die Kosten trägt“, erklärt Henzler. Das heißt aber nicht, dass sein Wissen und die vorhandene Ausrüstung so gut wie nie zum Einsatz kommen. „Immer, wenn eine Lage die Einsatzkräfte zu überfordern droht, kommt Unterstützung von uns. Mit der Ausrüstung und dem Personal aus dem Katastrophenschutz können auch besonders herausfordernde Einsatzlagen erfolgreich bewältigt werden. Nur eben nicht immer unter diesem Etikett.“ Letzter offizieller Katastrophenfall in BadenWürttemberg war ein Erdbeben mit der Stärke 5,7 auf der Schwäbischen Alb nahe Albstadt im September 1978. Mehrere Tausend Gebäude wurden damals beschädigt, aber glücklicherweise nur wenige Menschen verletzt.
Allen Vorüberlegungen zum Trotz entwickeln sich Katastrophen nicht immer nach Lehrbuch. „Maßnahmen müssen immer wieder überprüft und angepasst werden. Man muss deshalb sehr offen für Impulse von außen sein und auch mal vom Plan abweichen. Dieser Beruf ist nichts für Leute, die ihre Möbel immer nach Anleitung aufbauen“, sagt der 25-Jährige, der sich schon als Kind und Jugendlicher ehrenamtlich im Katastrophenschutz und im Rettungsdienst engagiert hat, dies weiterhin tut und auf diese Weise seine persönliche Leidenschaft auch beruflich einbringt: „Trotzdem bin ich froh, wenn ich abends nach Hause gehen kann und nichts passiert ist. Auch wenn ich überzeugt bin, dass ein Konzept funktioniert, ist es mir lieber, wenn es niemand anwenden muss.“
Auch ansonsten hat die ständige Beschäftigung mit möglichen Gefahrenszenarien keine privaten Auswirkungen, wie Henzler erzählt: „Ich selbst bin auf Katastrophen auch nur in dem Maß vorbereitet, wie wir das als Behörde empfehlen. Es geht um einen gewissen Vorrat an Wasser und Nahrung, um beispielsweise bei einem langfristigen Stromausfall die Zeit zu überbrücken, bis Hilfe anläuft. So ähnlich wie bei der Umbaupause im Theater. Und weil ich weiß, dass ganz viele Menschen daran mitarbeiten, habe ich auch keine Angst.“
Neue Herausforderungen entstehen heutzutage vor allem durch sich wandelnde Rahmenbedingungen: „Früher waren für uns Unfälle in Kernkraftwerken eine besondere Gefahr. Künftig sind es eher Naturkatastrophen, Tierseuchen oder großflächige Blackouts. Risiken sind ständig im Wandel.“ Insgesamt ist Henzler aber überzeugt, dass Baden-Württemberg auf die meisten Gefahren gut vorbereitet ist, denn Naturkatastrophen oder große Unfälle gab es und wird es immer wieder geben. Aber nicht in seiner Küche: „Ich liebe Kochen – und wenn was übrig bleibt, essen die Kollegen gerne mit.“
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