Inspektion, Luftraum, fliegen, Drohne
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Vielfalt im öffentlichen Dienst

Inspek­tor für beson­de­re Nutzung des Luft­raums: Was fliegt denn da?

Am Himmel über uns ist oft viel mehr unter­wegs als Flug­zeu­ge oder Hub­schrau­ber. Damit nichts pas­siert, müssen sich auch Drohnen, Modell­flie­ger oder Luft- und Wet­ter­bal­lo­ne an Regeln halten. Ein Fall für Chris­toph Geserer vom Regie­rungs­prä­si­di­um Stutt­gart (RPS), der als Inspek­tor im Referat 46.2 Luft­ver­kehr und Luft­si­cher­heit auch im kom­pli­zier­ten Luft­recht stets den Durch­blick behält.

Auf dem Vorfeld des Flug­ha­fens Lahr hat an diesem kalten Febru­ar­tag ein unge­wöhn­li­ches weißes Flug­ge­rät seine Posi­ti­on ein­ge­nom­men. Es erin­nert ent­fernt an einen Hub­schrau­ber: unten eine Kabine für zwei Per­so­nen, oben eine Art rie­si­ger Kranz mit zehn Metern Durch­mes­ser und den Rotoren von 18 kleinen Elek­tro­mo­to­ren. Plötz­lich hebt es mit einem sur­ren­den Geräusch ab und führt ein paar Flug­ma­nö­ver aus, bevor es wieder sanft landet. Das inno­va­ti­ve Flug­ta­xi des Bruch­sa­ler Start-ups Volo­co­p­ter, das künftig zwei Pas­sa­gie­re selbst­steu­ernd beför­dern soll, hat einen wei­te­ren Test­flug bestanden.

Personenbild

Chris­toph Geserer

Inspek­tor für beson­de­re Nutzung des Luft­raums
„Ich musste noch keine Geneh­mi­gung final ablehnen.“

Mit­wir­kung an ein­zig­ar­ti­gem Projekt
Chris­toph Geserer steht in einiger Ent­fer­nung vor der War­tungs­hal­le dieser Drohne der beson­de­ren Art und schaut dem Kurz­flug inter­es­siert zu. Drohnen oder unbe­mann­te Luft­fahrt­sys­te­me, wie es im Fach­jar­gon heißt, sind sein Fach­ge­biet und Arbeits­schwer­punkt. Aber die haut­na­he Beschäf­ti­gung mit so einem 900-Kilo-Exem­plar ist auch für ihn ein abso­lu­tes High­light. Der 36-jährige Regie­rungs­in­spek­tor beglei­tet schon länger die Ent­wick­lung dieses deutschland‑, europa- und sogar welt­weit ein­zig­ar­ti­gen Flug­ta­xi-Pro­jekts. Heute hat er die Gele­gen­heit genutzt, die Über­ga­be der Betriebs­ge­neh­mi­gung mit einem Besuch auf dem Test­ge­län­de zu ver­bin­den, um sich selbst ein Bild von der neuen Technik machen zu können. Zuvor hatte sich Geserer durch das ein­ge­reich­te Betriebs­hand­buch gear­bei­tet. „Bei einem so großen Ver­fah­ren wie der Ertei­lung einer Betriebs­ge­neh­mi­gung für dieses Flug­ta­xi müssen viele Sicher­heits­an­for­de­run­gen erfüllt sein. Über­wie­gend bestand meine Arbeit darin zu prüfen, ob das Betriebs­hand­buch den Vor­ga­ben der maß­geb­li­chen EU-Ver­ord­nung ent­spricht oder gege­be­nen­falls noch über­ar­bei­tet werden muss“, erklärt er. Bei Volo­co­p­ter hat alles gepasst, so dass er heute das Flug­ge­rät näher in Augen­schein nehmen kann.

Vom Kran­ken­pfle­ger zum Droh­nen­ex­per­ten
Die Flie­ge­rei inter­es­sier­te Geserer von Kin­des­bei­nen an. Lange Zeit sah es jedoch nicht so aus, als würde der gebür­ti­ge Münch­ner auch sein Berufs­le­ben mit Luft­fahrt­the­men ver­brin­gen. Mit dem Zivil­dienst ent­deck­te er zunächst seine soziale Ader und arbei­te­te acht Jahre als Kran­ken­pfle­ger mit Schwer­punkt Onko­lo­gie. Die extrem hohe Belas­tung sowie viele Wochen­end- und Fei­er­tags­diens­te brach­ten ihn schließ­lich zum Umden­ken – und Tipps von Bekann­ten zum öffent­li­chen Dienst. „Nach meinem Public Manage­ment-Studium habe ich vor drei Jahren im Referat 46.2 die ideale Stelle gefun­den, um meine private Lei­den­schaft mit dem Beruf zu ver­bin­den“, betont Geserer zufrie­den. Dazu passt auch, dass er mitt­ler­wei­le in Sicht­wei­te zum Stutt­gar­ter Flug­ha­fen wohnt und gerne den star­ten­den und lan­den­den Maschi­nen zusieht. Auch den Traum von einer eigenen Pri­vat­pi­lo­ten­li­zenz hat der Flug­be­geis­ter­te noch nicht aufgegeben.

Das Flug­ta­xi ist inzwi­schen zu wei­te­ren Arbei­ten in den Hangar zurück­ge­kehrt. Solche Außen­ter­mi­ne gibt es bei dem Ver­wal­tungs­be­am­ten auf­grund der hohen Anfra­gen- und Antrags­la­ge eher selten. Schließ­lich ist das Referat 46.2 Luft­ver­kehr und Luft­si­cher­heit des RPS lan­des­weit – und somit für ganz Baden-Würt­tem­berg zustän­dig. Geserer kann aller­dings auch seiner abwechs­lungs­rei­chen Büro­ar­beit viel abge­win­nen, bei der es für ihn glück­li­cher­wei­se keinen typi­schen Berufs­all­tag gibt. Bei ihm geht es um die Geneh­mi­gun­gen von soge­nann­ten All­ge­mein­erlaub­nis­sen inner­halb weniger Tage, zum Bei­spiel wenn Antrag­stel­len­de eine Drohne in der Nähe von Flug­hä­fen, Auto­bah­nen oder Indus­trie­an­la­gen fliegen lassen möchten. Außer­dem betreut er die Geneh­mi­gun­gen von Modell­flug­ge­län­den, Feu­er­wer­ken, Lasere­vents oder Wet­ter­bal­lons, die eben­falls häufig kurz­fris­tig erteilt werden. Dazu kommen deut­lich auf­wen­di­ge­re Betriebs­ge­neh­mi­gun­gen wie bei Volo­co­p­ter, die durch­aus mehrere Wochen dauern.

An Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren betei­ligt
Geserer hat außer­dem schon an Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren auf Bun­des­ebe­ne mit­ge­wirkt, etwa als die neue EU-Durch­füh­rungs­ver­ord­nung für unbe­mann­te Luft­fahr­zeu­ge von Ende 2020 in natio­na­les Recht über­führt wurde: „Da waren neben mir Sach­be­ar­bei­te­rin­nen und ‑Sach­be­ar­bei­ter aller Bun­des­län­der betei­ligt. Wir konnten für Deutsch­land Anpas­sun­gen erzie­len, die es Antrags­stel­len­den jetzt deut­lich erleich­tern, eine Geneh­mi­gung zu erhal­ten.“ Auf diese Weise hat er sich in den ver­gan­ge­nen Jahren nicht nur eine große theo­re­ti­sche Exper­ti­se auf­ge­baut, die letzt­lich wieder den Bür­ge­rin­nen und Bürgern zugu­te­kommt. Auch privat fliegt er manch­mal eine Drohne, um ebenso bei der Praxis mit­re­den zu können. „Ich musste noch keine Geneh­mi­gung final ableh­nen“, erzählt er mit gewis­sem Stolz. Am Ende konnte immer ein Konsens gefun­den werden, der für alle Par­tei­en akzep­ta­bel war.

Geserer macht seine Arbeit viel Spaß, auch wenn im Ver­wal­tungs­stu­di­um viel Jura dazu­ge­hört. Im Laufe weniger Jahre konnte sich der Sach­be­ar­bei­ter viele weitere span­nen­de The­men­fel­der erschlie­ßen, wie die Mit­ar­beit in den Län­der­ar­beits­grup­pen oder auch auf Bun­des­ebe­ne: „Die Beschäf­ti­gung im Regie­rungs­prä­si­di­um hat für mich genau die rich­ti­ge Balance zwi­schen sach­li­cher Routine und beson­de­ren Her­aus­for­de­run­gen wie die Volo­co­p­ter-Geneh­mi­gung.“ 2024 bei den olym­pi­schen Spielen in Paris soll das Volo­Ci­ty Flug­ta­xi bereits im kom­mer­zi­el­len Einsatz sein. Der Experte aus dem Stutt­gar­ter Regie­rungs­prä­si­di­um wird auch seine weitere Ent­wick­lung auf­merk­sam begleiten.



Foto: ARTIS-Uli Deck

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